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Erinnern für Frieden und Menschlichkeit

Zeitzeugin Eva Weyl besucht uns am historischen 8. Mai 2025

Zum achtzigsten Mal jährt sich das Kriegsende 1945. Etwa 60 Millionen Tote weltweit, davon unzählige Zivilisten, etwa 6 Millionen Jüdinnen und Juden, unzählige Andersdenkende, Unschuldige, Jugendliche, Kinder. Für die Kinder und Jugendlichen heute liegt all das weit zurück, und das ist gut so. Doch das Erinnern ist ein wesentlicher, ein absolut wichtiger Baustein, auf den wir Frieden und Menschlichkeit weiterhin aufbauen können. Wer aber kann uns noch erinnern an diese Zeit?

Egal wie gut der Unterricht sein mag: Nichts ist so wertvoll wie die Worte aus erster Hand. 80 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges sind jedoch die meisten Wortes verhallt. Die meisten Menschen, welche die Zeit erleben mussten, können uns heute nicht mehr davon erzählen. Und es ist so wichtig: Nicht Hass und Ausgrenzung, sondern Herzlichkeit und Mitmenschlichkeit sind die Werte, die uns allen ein Leben in Frieden und Freiheit ermöglichen. Auf dieses Leben musste Deutschland unter der Terrorherrschaft der Nazis lange verzichten, der den ganzen Kontinent, sogar die Welt in Jahre des Schrecken gezogen hatte. Bis zum 8. Mai 1945, dem „Tag der Befreiung“.

Dieser Tag wird deutschlandweit, europaweit als besonderer Tag geehrt und gefeiert. Umso glücklicher sind wir, dass Eva Weyl uns ausgesucht hat, um an diesem historischen Tag, 80 Jahre nach Weltkriegsende, vor etwa 200 Schüler*innen ihre Geschichte zu erzählen. Es ist eine Erzählung voller Angst, Leid, Hass, Ausgrenzung und Verfolgung, dem Sterben und der stetigen Angst vor dem Sterben. Eigentlich. Aber Eva Weyl macht aus der deutschen Geschichte auch eine Erzählung über Glück, Freude, Liebe, Miteinander und der wichtigsten Botschaft: Hört auf euer Herz! Nicht auf Mobber, nicht auf Hater, nicht auf Führer. „Seid Menschen!“ Die Worte treffen auf ein Forum, das still ihren wahren Worten lauscht. Der gesamte zehnte Jahrgang ist anwesend und hört ihr zu und sieht ihr zu, im Forum der GHS.

Nicht zum ersten Mal besucht uns unsere „alte Freundin“, und erneut zeigt sie Fotos aus der Zeit, Comic-Elemente zum Verdeutlichen, Kartenausschnitte, und spricht dabei ruhig und deutlich und mahnend und zugleich beruhigend: „Euch trägt keine Schuld! Aber ihr tragt Verantwortung: Seid Menschen!“.

„Gibt es an deiner Schule Muslime, Juden, Christen?“, steht in einer Sprechblase eines Comic-Bildes, das den Abschluss der Präsentation bildet. Nein, antwortet ein junger Mensch auf dem Bild: „An unserer Schule gibt es nur Kinder.“ Mit dieser Botschaft schließt Eva Weyl ihren Vortrag und bietet noch Zeit und Raum für Fragen der Jugendlichen. Die Klassen haben sich vorbereitet, die Schüler*innen haben Fragen mitgebracht. Eliah aus der 10.4 möchte wissen, wie alt Frau Weyl war, als sie die Wahrheit über ihre Kindheit erfuhr, dass sie eingesperrt war im Lager Westerbork und dass die Familie Weyl eigentlich in die Vernichtungslager in den Osten geschickt werden sollte. Lilith aus der 10.4 hakt nach, wie sich das anfühlte, als man viele Jahre später die Wahrheit erfahren musste. Das Lager Westerbork bewegte Tyron aus der 10.3 dazu, genauer nachzufragen, ob man dort schon verhungern konnte. Auch Khaled aus der 10.7 wollte noch mehr über das Lager in den Niederlanden wissen, in welchem die Familie Weyl über Jahre eingesperrt war.

Als Eva Weyl die wahren Hintergründe über ihre Kindheit im Lager erfuhr, war sie schon eine ältere Frau. Fortan recherchierte sie, las, sprach mit anderen Zeitzeugen, um mehr über das Lager Westerbork zu erfahren, die Naziherrschaft, die Opfer. Sie wurde mehr und mehr zur Expertin und nahm mehr und mehr Informationen über die Zeit und zum Lager mit, in dem sie einen Teil ihrer Kindheit verbringen musste, in dem ihre Familie eingesperrt war, um später getötet zu werden. Eva Weyl entkam aus dem Lager, ihre Familie entkam aus dem Lager, ihren berühmten Diamanten nahm sie mit, ihre Lieblingspuppe. Aber eine Sache lies sie dort, im Konzentrationslager, und sie konnte es auch Jahre später trotz intensiver Recherche und Suche nicht finden: Den Hass auf die Deutschen. Den lernte sie nie kennen. Den wollte sie nie kennenlernen.

Sie brachte unserer GHS stattdessen ihr großes Herz mit und teilte dies mit uns, wie man mit Freunden teilt: „Seid Menschen! Hört auf euer Herz! Das ist meine Botschaft an euch.“

Liebe Frau Weyl, HERZlichen Dank für Ihren Besuch! Auf bald!“